Themabewertung:
  • 206 Bewertung(en) - 2.85 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Minigeschichten von den Philippinen
Die Flaschenpost Teil 3

Ich checkte die Zeit, es war fast 11 Uhr und da würde es in Maine 11 Uhr nachts sein. Um eine solche Zeit wollte ich natürlich niemanden stören. Das sagte ich zu Lydia und wir verabredeten, dass wir uns am nächsten Morgen um 8 Uhr im Büro treffen würde..

Am nächsten Tag kam ich wenige Minuten nach 8 Uhr ins Büro und siehe da, Lydia war schon da. Ich wählte also die Nummer und nach wenigen Sekunden warten klingelte es: "Hello" klang es aus dem Hörer und ich fragte, ob wir mit der Familie McMahon verbunden seien, was bejaht wurde. Ich begann also die Geschichte vom Fund der Flaschenpost zu erzählen. Die Frau am enderen Ende war begeistert, dass die Flaschenpost eine solch lange Reise hinter sich hatte. Wir reden ja von guten 20000 Kilometern. Leider sei ihr Sohn nicht hier, der die Flasche seinerzeit ins Meer geworfen hatte. Der sei auf einem Pfadfindertreffen, würde aber am Sonntag abend zurück kommen und dann könnten wir das am Montag wiederholen. So verblieben wir dann und damit war die Geschichte für ein paar Tage aufs Eis gelegt worden. Lydia ging mit ihrer Flaschenpost nach Hause. 

Am nächsten Montag Morgen stand sie wieder auf der Matte und wir wiederholten den Anruf. Dieses Mal meldete sich der Junge selbst und war ganz aufgeregt, als ich ihm die Geschichte des Fundes erklärte und er zu verstehen begann, dass seine Flasche einmal um die halbe Erde geschwommen war. "Was für eine tolle Geschichte, das werde ich alles meinen Freunden bei den Pfadfindern erzaählen. Die hatten mich damals ausgelacht, als ich nach meiner Rückkehr von der Kreuzfahrt erzählte, dass ich eine Flasche ins Meer geworfen hatte." Dann verabschiedete ich mich und wünschte ihm weiterhin viel Glück und viel Erfolg bei seinen Pfadfinderfreunden. Ich bot ihm noch an, das zu bestätigen, falls sie ihm nicht glauben sollten. 

Damit dachte ich eigentlich, dass die Geschichte erledigt wäre. Aber trotz den langen Jahren auf den Philippinen kannte ich meine Pinoys scheinbar doch nicht gut genug. Etwa zwei Wochen später bekam ich nämlich einen Anruf von Christians Mutter; sie hatte sich damals meine Nummer aufgeschrieben. Sie klang sehr erbost und ich bekam schon langsam eine dumpfe Ahnung, was da passiert sein könnte. Lydia hatte nämlich mit der Hilfe eines Freundes, der gutes Englisch sprach, dort angerufen und gejammert wie arm sie seien, und dass sie nie genug zu Essen hätten und gutmütig wie Frau McMahon war, hatte sie mit Western Union 100 Dollar geschickt, das war ihr die Freude ihres Sohnes wohl wert. Aber es folgten nach den ersten 100 Dollar weitere Bettelanrufe, zum Teil  mitten in der Nacht und sie war wirklich verärgert und schimpfte mich, wie ich das zulassen könnte. Ich erklärte, dass ich keine Ahnung hatte was da passiert war und das niemals gebilligt hätte. Sie hätte ja auch nicht vom Büro aus angerufen. Ich versprach ihr, dass ich mit Lydia reden würde. 

Am nächsten Tag, als Lydia ins Büro kam um die Abrechnung der Fänge zu bringen, sprach ich sie an und schimpfte kräfitg mit ihr. Ich sagte ihr auch, dass Vincio sehr verärgert sei und wenn sie nicht aufhören würde, würde er das Boot ihres Mannes nicht mehr finanzieren. Natürlich hatte ich Vincio´s Erlaubnis vorweg eingeholt. Und damit hörten die Bettelanrufe auf. 

Aber das endgültige Ende kam wohl einige Monate später, als Lydias Mann erkrankt war und sie dort anrief um um Geld zu betteln für das Krankenhaus. Die Nummer war nicht mehr in Betrieb und die McMahons hatten wohl  lieber einen Telefonnummernwechsel gemacht, als nochmal von Lydia belästigt zu werden.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Minigeschichten von den Philippinen - von Kaithoma - 11-07-2025, 11:11

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste