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Minigeschichten von den Philippinen
2. Teil


Das Wochenende war vorbei und wir fuhren diesesmal mit dem Boot nach
Boa, wo wir an der Pazifikkueste ebenfalls Chromerz produzierten. Der
Tag verlief ohne weitere Zwischenfaelle, aber auf dem Rueckweg trafen
wir unterwegs ein Pumpboot, auf dem der Unbekannte war und schnell sein
Gesicht mit einem Tuch verbarg. Da ich ihn ja schon gesehen hatte,
vermutete ich, dass er sich vor Pedro versteckte. Ich schloss nun
daraus, dass es jemand war, der auf Dinagat zumindest manchen Leuten
bekannt war.

Am naechsten Tag ging es dann zurueck nach Dona Helene, da dort eine
groessere Lieferung eingetroffen war aus den Bergen und bezahlt werden
musste. Unser Manager dort hatte nicht mehr genug Bargeld. Als
wir dort eintrafen ging ich ins Dorf zur “Plaza”, wo die ganzen
Chromerzhaufen der verschiedenen Kaeufer gelagert waren, und dort sah
ich dann auch den Unbekannten wieder. Pedro war im Boot geblieben und so
versteckte er sich auch nicht und mussterte mich interessiert. Ich
entschloss mich den Mann zu konfrontieren und ging auf ihn zu. Als er
sah dass ich kam, stand er auf, schwang sich auf ein wartendes Habal Habal,
fuhr weg und lachte dabei. “So ein komischer Vogel,” dachte ich mir,
“den erwische ich schon noch, und dann gibt es Stunk!” Denn so langsam
fing der Typ an mir auf die Nerven zu gehen.

Bei der naechsten Fahrt nach Magsaysay konnte Pedro nicht mitkommen,
da er von seinem Broetchengeber benoetigt wurde und ich fuhr alleine nur
mit dem Operator vom Boot. Da ich nicht ohne Begleitung nach Kahayag
laufen wollte, ging Ramon, der Operator, mit mir mit. Und dort im Ort sah
ich den Mann wieder und ging schnurstracks auf ihn zu. Diesesmal war
kein wartendes Motorrad da und ich fuhr ihn an und fragte, warum er mir
ueberall hin folgte. Er grinste verlegen, sagte aber kein Wort. “Cat got
your tongue?” wollte ich wissen, aber er blieb schweigsam. Ich machte
ihm unmissverstaendlich klar, dass es Pruegel gibt, wenn er mir weiter
folgen wuerde. Er ueberlegte einen Moment und ging dann schweigend zum
Strand, stieg in sein dort wartendes Boot und fuhr davon. Ich war nun wirklich sehr
veraergert und nahm mir vor nur noch mit Bolo unterwegs zu sein, da ich
dem Burschen nicht von 12 Uhr bis zum Mittagslaeuten traute.

In Kahayag erzaehlte mir Tata, dass einer da gewesen sei und sich
ueber mich erkundigt haette, er aber nichts gesagt habe, weil das den
Fremden ja wohl nichts anginge. Der Beschreibung nach war es “unser
Mann” gewesen. Ich lobte Tata und wir sprachen eine Weile ueber das
Geschaeft. Wie so oft blieb ich ueber Nacht, denn am naechsten Tag
wollten wir die Leute bezahlen, die das Erz schon nach Magsaysay
geschafft hatten. Am Abend hatten wir einen kleinen Umtrunk mit
Gitarrenmusik und Gesang – es gab noch keinen Strom auf Dinagat – und
hatten recht viel Spass.

Am Morgen stand ich auf und fand einen “Brief” – es war nur ein
gefalteter Zettel, der mit Tesa verklebt war – und in dem stand, dass
ich sehr vorsichtig sein solle, es sei jemand hinter mir her. Nun
wunderte ich mich schon wer diese Warnung geschrieben hatte und
verdaechtigte natuerlich gleich den Fremden, der mir so hartnaeckig
folgte, aber ansonsten aus dem Weg ging, als den Boesewicht. Nur er
konnte damit gemeint sein. Ich erkundigte mich beim Barangay Captain,
aber der wusste nichts – die Offiziellen hier wissen ja nie was – und
auch andere Leute aus der Nachbarschaft hatten nichts gesehen oder
gehoert.

Nachdem wir alles bezahlt hatten, machten wir uns auf den Rueckweg.
Wir fuhren los und waren wohl keinen Kilometer unterwegs gewesen als
hinter den Felsen zwischen Magsaysay und San Pablo ein Boot hervor kam
und drin sass der Fremde. Nun zahlte es sich aus, dass unser Boot im
Vergleich zu den normalen lokalen Booten uebermotorisiert war. Der
Operator gab Gas und unser Boot schoss davon und innerhalb von wenigen Minuten
war das andere Boot fast nicht mehr zu sehen. Ich wollte eigentlich noch
in San Pablo vorbei fahren, aber entschloss mich, das zu lassen, da mir
die ganze Sache immer unheimlicher wurde und ich ‘raus finden wollte,
was die ganze Scheisse soll. Als ich San Jose ankam, ging ich sofort zu
Elvin, der einer von zwei Ecleos war, zu denen ich ein herzliches
Verhaeltnis hatte und die mit der “Familienpolitik” nicht so ganz
einverstanden waren. Ich erzaehlte ihm die Geschichte und wir
vereinbarten, dass zwei seiner Leute mir ueberall hin folgten und auch
des Nachts unser Haus bewachen wuerden. Ich sollte halt fuer den
anfallenden Zeitraum ihre Gehaelter bezahlen, was ich auch gerne tun
wollte.

Zu Hause erzaehlte ich alles meiner Frau und auch sie wurde langsam
nervoes und war ueber meine Vereinbarung mit Elvin sehr froh. Die beiden
Waechter gingen dann nach dem Abendessen in unseren Waiting Shed, um
dort die Nacht zu verbringen.

Es duerfte gegen drei Uhr morgens gewesen sein, als ich aufwachte und
Geschrei hörte. Ich hoerte die Geraeusche einer Rauferei
und Rufen und hoerte schnelle Fusstritte und dann fiel ein Schuss. Ich
schnappte mir die Taschenlampe und leuchtete durch das Fenster nach
draussen. Dort stand der Fremde mit erhobenen Haenden, denn nach dem
Warnschuss unserer Waechter hatte er wohl Angst, dass der naechste
Schuss treffen koennte. Die beiden Guards hielten ihn mit der Waffe in
Schach. Ich sagte ihnen, sie sollen den Mann nach Waffen durchsuchen und
dann ins Haus bringen. Sie fanden einen Revolver in seiner Tasche,
kassierten ihn ein und brachten den Mann nach drinnen. Er setzte sich
schweigend hin und dann kam meine Frau aus dem Schlafzimmer, sah die
zwei Waechter stehen, die einen Mann auf dem Sofa mit der Waffe
bedrohten und fragte: “Was ist denn hier los?” Die Guards begannen zu
erklaeren, als sie zum erstenmal den Mann genauer sah und erstaunt
fragte: “Ponyong, was machst du denn hier?”

Fortsetzung folgt
[Bild: https://www.philippinenforum.net/forum/i...pwZw%3D%3D]
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RE: Minigeschichten von den Philippinen - von Kaithoma - 01-02-2025, 18:32

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