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Minigeschichten von den Philippinen
4.Teil

Frustriert machte ich mich am naechsten Morgen auf die Rueckfahrt.
Das ganze war eine Metzgersfahrt geworden und es haette mich schon
interessiert, wie alles zusammenhaengt.

Als ich in Surigao City ankam, war es bereits vier Uhr geworden und
das letzte Boot nach San Jose war schon weg. Ich musste also in Surigao
uebernachten und checkte ins Tavern Hotel. Damals existierte der Bay
Walk noch nicht und das Hotel lag direkt am Meer. Das Restaurant war
ueber das Wasser gebaut und auch ohne Aircon sehr luftig und angenehm.
Das Essen war damals besser als heute. Zwar in erster Linie chinesich,
aber es war wenigstens nicht alles suesslich so wie heute.

Als ich dann am naechsten Tag in San Jose ankam, musste ich
feststellen, dass Ponyong nicht zurueck war, obwohl ich ja drei Tage weg
gewesen bin. Ich hatte es aber auch nicht anders erwartet. Zuerst ging
ich also nach Hause, aber meine Frau war nicht da. Nachdem ich meine
Sachen im Schlafzimmer abgelegt hatte und mir niemand sagen konnte, wo
meine Frau sei, ging ich also zur Polizei, um mich dort nach dem Stand
der Dinge zu erkundigen. Im Buero vom Chef fand ich dann auch meine
Frau, die auch nachfragen gekommen war. Ebenso wie ich wollte sie
wissen, ob er Polizeichef irgendeine Nachricht von Ponyong hatte. Nun
die hatte er nicht, aber meine Anzeige, die nun auch von meiner Frau
unterstuetzt wurde, wollte er nach wie vor noch nicht aufnehmen. Er bat
weitere 24 Stunden zu warten. Wir stimmten zu, obwohl es uns gar nicht
passte, aber ich machte unmissverstaendlich klar, dass morgen nachmittag
um 4 Uhr der Zug abgefahren sei und wir uns nicht mehr vertroesten
liessen.

Es kam wie erwartet und auch am naechsten Tag kam Ponyong nicht
zurueck. Auf der Polizei war auch keine Nachricht und der Chef nahm nun
unsere Anzeige auf, alles wurde ordentlich im Police Blotter
eingetragen. Die Angelegenheit wuerde dann am Montag an die Staatsanwalt
weiter geleitet werden sobald die Zeugen ihre Aussagen gemacht hatten.
Das geschah am naechsten Tag und nun harrten wir der Dinge, die da
kommen oder nicht kommen sollten.

Meine Frau war weiterhin nicht gewillt mir den Grund fuer Ponyongs
Anwesenheit und Absichten auf Dinagat offen zu legen. Sie war der
Meinung, dass er das selbst machen sollte und dass sie darauf bestehen
wuerde, dass er mir alles erzaehlt, wenn er zurueck ist. “Ja” sagte ich,
“das ist ja alles schoen und gut, aber wenn er nie zurueck kommt, werde
ich auch nie erfahren, was los war. “Ich werde dir alles erzaehlen,
wenn er wirklich nicht kommt, was ich aber nicht glaube,” antwortete sie
mir.

Die Wochen vergingen und laengst war die alte Routine wieder
eingekehrt. Zwischenzeitlich mussten wir zusammen mit den Zeugen nach
Surigao City fahren, um vor dem Staatsanwalt unsere Aussagen zu
beschwoeren, damit ein Haftbefehl gegen Ponyong ausgestellt werden
konnte. Fuenf Wochen spaeter wurde tatsaechlich ein Haftbefehl
ausgestellt und die zustaendige Militaerbehoerde verstaendigt. Dort
erfuhr der Fiscal dann, dass Ponyong unterwegs mit einem wichtigen
Auftrag waere und wohl erst in weiteren zwei Monaten zurueck kaeme.
Gemaess Ponyong Vorgesetzten wuerde sich dieser dann bei der
Staatsanwaltschaft in Surigao City melden.

Nun ja, daran glaubte ich ehrlich gesagt nicht so recht. Auch wenn
die Kommunikationsmoeglichkeiten um ein vielfaches schlechter waren
damals, haette doch eine kurze Nachricht gereicht, damit wir wussten was
ablaeuft.

Drei Wochen spaeter wachte ich mitten in der Nacht auf. (Das kenne
ich doch schon, oder?) Dieses Mal hatten wir keine Guards und ich
lauschte angestrengt, ob ich den Grund meines ploetzlichen Aufwachen
feststellen konnte. Ich hoerte etwas vor der Tuere, aber die war aus
massivem Holz und mit einem grossen Balken gesichert, so dass hier wohl
keiner rein kommt. Dann hoerte ich leise Schritte und ich schnappte mir
den Baseballschlaeger, der sich hervorragend eignet, jemanden eins auf
die Nuss zu geben. Unter unserem Schlafzimmerfenster hoerte ich dann
Fluestern und eine leise Stimme “rief”: “Inday!” Das wiederholte sich
drei oder viermal und meine Frau wachte auf. Sie war erstaunt, dass ich
wach war. Ich legte meinen Finger auf den Mund um sie zum Schweigen
veranlassen und fluessterte, dass draussen jemand sei. Sie lauschte und
da kam wieder der leise Ruf: “Inday!” “Ich glaube das ist Ponyong”
wisperte sie. “Ich mach aber nicht auf,” fluesterte ich zurueck. “Was
will der Arsch denn um vier morgens. Beim letztenmal hatte er sogar eine
Knarre dabei. Warum sollte das dieses Mal anders sein.”

Ich ging zur Haustuere und rief ganz laut: “Fuck off you Asshole! Ich
habe eine Waffe und werde mich nicht scheuen, sie auch zu benutzen.”

Es herrschte Schweigen draussen und dann kam die Stimme von Ponyong,
dass er unbedingt mit uns reden muesse. “Ja” rief ich, “aber erst in der
Frueh bei Tageslicht und in Gegenwart der Polizei. Dir traue ich nicht
mehr ueber den Weg.”

Draussen wurde nun wieder gefluesstert, was ich diesmal ganz deutlich
hoerte – womit bewiesen waere, dass Ponyong nicht alleine war – und dann
kam eine seine Stimme, etwas lauter: “Ok, wir kommen gegen acht Uhr
wieder.”

Danach hoerten wir, dass sich mindestens zwei Personen wieder
entfernten. Nun, einmal mehr waren wir um unseren Schlaf gekommen. Ich
schaute auf die Uhr, sah dass es vier Uhr morgens war und ging in die
Kueche um Wasser fuer Kaffee aufzusetzen. Meine Frau kam auch und wir
machten uns zusammen einen Kaffee und assen einige Marmeladentoasts
dazu. Wir unterhielten uns dann ueber Ponyongs erneuten
“Mitten-in-der-Nacht-Besuch”.

Um sieben Uhr war ich dann schon gestiefelt und gespornt und ging zur
Polizei. Als ich dort mit dem Chef sprach – der musste natuerlich erst
gerufen werden, denn so frueh war der nicht im Dienst – meinte er, dass
er mir doch sagte, dass Ponyong wieder kaeme. “Ja aber mit drei Monaten
Verspaetung und wieder mitten in der Nacht,” entgegnete ich ihm.

Dann sagte ich ihm, dass ich zwei Leute wollte, die zugegen sein
sollten, wenn Ponyong mit uns reden wuerde. Der Chef stimmte zu,
erteilte zwei Mitarbeitern den Auftrag mit uns zu gehen und gab ihnen
den Haftbefehl mit.

Zusammen gingen wir dann zu unserem Haus und kamen kurz vor acht Uhr dort an.

Fortsetzung folgt
[Bild: https://www.philippinenforum.net/forum/i...pwZw%3D%3D]
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5. Teil


Wir waren etwa 20 Minuten zu Hause als Ponyong zusammen mit einem
anderen etwas juengeren Filipino bei uns ankam. E r stellte den
juengeren Mann als “Jun” vor und meinte, dass dessen Gegenwart sehr
wichtig sei. Ich fragte Ponyong nach seiner Waffe und bat ihn diese bis
zum Verlassen des Hauses den beiden Polizisten zu uebergeben, was er
auch ohne Widerspruch machte.

Dann begann er zu erzaehlen und kam auch gleich zur Sache: “Es ist ja
allgemein hier bekannt, dass ich auch Auftraege annehme, wenn es darum
geht, jemanden zu “entfernen”.

“Was meinst du mit “entfernen,” fragte ich und er bat mich ihn erst einmal alles erzaehlen zu lassen und dann zu fragen. Also legte ich mit Papier und Kuli zurecht, da ich ja am Ende nichts vergessen wollte.

Er begann nochmal und fuegte hinzu: “Vor etwa sechs Monaten bekam ich
den Auftrag dich aus dem Verkehr zu ziehen,” erzaehlte er, “und ich
nahm diesen Auftrag unter meinen ueblichen Bedingungen an. Ich
“entferne” niemanden, der das “Entfernen” nicht verdient und deswegen
recherchiere ich sorgfaeltig, aber in deinem Fall habe ich den Fehler
gemacht, nicht genug auf die Familie zu achten, in die du eingeheiratet
hattest, denn dann haette sich die Angelegenheit sofort erledigt. Bei
Verwandten mache ich das grundsaetzlich nicht! Aber wie schon gesagt,
hatte ich da echt geschlafen. Ich kam also nach Dinagat um dich zu
beobachten, auch um heraus zu finden, ob es bestmmte Regeln in deinem
Leben gaebe, die mir das Entfernen leichter machen wuerde ,aber ausser
deinem Streit mit Jesus in Dona Helenegab es nichts was ein “Entfernen” 
rechtfertigen wuerde.  Ausserdem hatte Jesus diesen Streit ja provoziert.”

Ich wollte ihn unterbrechen: “Aber….”

Er winkte ab und erzaehlte weiter: “Der Auftrag kam von namhaften
Leuten hier auf der Insel und man wollte dich aus dem Geschaeft haben.
Deine geschaeftliche Konkurrenz war auf Grund deiner allgemeinen
Beliebtheit bei den Minern unerwuenscht. Ich haette den Auftrag also
nicht durchgefuehrt und in jener Nacht, in der ich zu deinem Haus kam,
musste ich dringend weg und wollte vorher mit dir sprechen, um dir zu
sagen, was abgeht und eben auch, dass ich den Auftrag nicht durchfuehren
werde, aber dass nach mir andere kommen duerften. Ich wollte dich also
warnen. Bedauerlichweise hattest du natuerlich durch die versuchten
Konfrontationen eine vorgefasste Meinung ueber mich und haettest mir
wahrscheinlich kein Wort geglaubt, was ich auch verstehen kann. Als ich
dann mit bekam, dass du mit meiner Cousine verheiratet bist, musste ich
unbedingt los um mit den Auftraggebern zu sprechen und ihnen klar zu
machen, sollten sie jemand anderes beauftragen, dann wuerde ich mich
persoenlich um sie kuemmern. Das sollte dir eigentlich fuer einige Zeit
zumindest den Ruecken frei halten, denn man respektiert mich hier.”

Hier musste ich den Kopf schuetteln, denn einen “respektierten
Auftragsmoerder” hatte ich noch nie gesehen und konnte ich mir auch gar
nicht vorstellen.

“Wer waren denn die Auftraggeber?” fragte ich und er antwortete: “Das
kann ich dir in Gegenwart der beiden Herren leider nicht sagen.”

Ich schickte die beiden Polizisten in den Garten und Ponyong
erzaehlte mir, dass es sich um den momentanen Gouverneur und einen Mayor
handeln wuerde. Damit war mir natuerlich voellig klar, wer da hinter
mir her war.

“Und welche Rolle spielt Jun dabei?” kam meine naechste Frage.

“Jun wird hier bleiben und als dein Bodyguard auftreten. Es ist
bekannt, dass er mit mir assoziiert ist und man wird dich bei seiner
Gegenwart wohl eher in Ruhe lassen.” Ponyong erzaehlte weiter: “Du
solltest wissen, dass sich gewisse Herren auf dieser Insel schon in der
Vergangenheit ihrer Konkurrenz – gleich welcher Art – auf diese Art
entledigt hatten. Nun war ihre normale Kontaktperson schon laenger nicht
hier gewesen, da er bei mir auf der Liste steht – nicht als Auftrag,
sondern aus persoenlichen Gruenden – und er deswegen auch in Zukunft
nicht mehr fuer die “Honoren” dieser Insel arbeiten kann. Denn wenn ich
Cesar erwische, dann ist er ganz schnell weg vom Fenster.”

“Was Cesar ist ein Auftragsmoerder?” fragte ich erstaunt. Ich hatte
Cesar vor zwei Jahren in meinen Anfaengen hier kennen gelernt und er war
ein netter und sympatischer Mensch. Nicht jedem steht der Gauner halt
im Gesicht geschrieben. Zur Ergaenzung hier muss ich sagen, dass Cesar
in der Tat nie mehr nach Dinagat kam und etwa ein Jahr spaeter auf Leyte
erschossen worden war. Leyte war die Heimatprovinz der Mutter meiner
Frau und Ponyong war dort geboren.

Ponyong warnte mich nochmal eindruecklich sehr gut aufzupassen und
hatte ein laengeres Gespraech mit Jun, in dem er ihm auch unser
Wohlergehen an Herz legte. Er sprach dann noch einige Zeit mit Inday und
ich verstand nur sehr wenig, aber es ging wohl um die Anzeige. Danach
verabschiedete er sich um noch anzukuendigen, dass er oefter auf Besuch
kommen wuerde, damit die Auftraggeber sehen konnten, dass seine Warnung
an sie sehr ernst gemeint war.

Wir gingen dann alle zusammen zur Polizei, wo ein “Affidavit of Desistance” gemacht 
wurde, damit der Haftbefehl aufgehoben werden konnte.

Ich muss dazu noch erwaehnen, dass der damalige Gouerneur in der Tat
versuchte mich nach Ponyongs Drohung deportiert zu bekommen, aber da kam
er nicht sehr weit bei der Immigration, da ich mir ja nichts zu
schulden hatte kommen lassen. Ein Beamter der Immigration erzaehlte mir
das, als ich Mitte 1989 endlich mein ICR (Immigrants Certificate of
Residence) in Manila abholen konnte.

An jenem Tag unterhielt ich mich noch sehr lange mit Inday, weil ich
einfach nicht verstand, wie ein Auftragsmoerder bei der Polizei bekannt
sein kann und trotzdem nicht nur weiter auf freiem Fuss sein durfte,
sondern sogar weiterhin seinem “morbiden Gewerbe” nachgehen konnte. Das
ist mir uebrigens auch heute noch unverstaendlich. Da haben mit 26 Jahre
auf den Philippinen auch nicht geholfen.

Ende
[Bild: https://www.philippinenforum.net/forum/i...pwZw%3D%3D]
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Hi Danke Kaithoma für diese spannende Fortsetzungsgeschichte.

Das ist ja schon fast filmreif.

Fühltest du dich mit deinem Bodyguard Jun dann auch sicher?
Ich glaube wenn einem so etwas widerfährt Schock!
das man da schon ziemlich genau über seinen Staus nachdenkt.
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Ich kenne die Geschichte ja von früher, hatte die Details aber natürlich wieder vergessen und habe sie daher mit Spannung nochmals gelesen.
Von früher weiß ich auch, dass da noch einige Stories mehr aus dieser Zeit folgen könnten ... warten wir es ab ... Hyper
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@Speedy,
genau wie ich, kenne die Geschichte auch, ist trotzdem immer wieder lesenswert. Hoffentlich folgt später noch die Geschichte mit der Gemüsefarm in Bukidnong.
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(08-02-2025, 09:01)JFS schrieb: Fühltest du dich mit deinem Bodyguard Jun dann auch sicher?

Ja ich fühlte mich sicher. Jun war zuverlässig und für fast ein Jahr bei uns auf Dinagat. Nachdem der Gouverneur verstorben war (natürliche Ursachen) und der Mayor wegen illegalem Holzeinschlag im Knast saß, war die Zeit von Jun bei uns zu Ende. 

Aber all die Widersacher, die ich im Verlauf eines längeren Geschäftsleben so hatte, werden in anderen Geschichten auch noch thematisiert. Später wird hier eine neue Geschichte beginnen, wo eben solche geschäftlichen "Gegner" die Hauptrolle spielen werden.
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Auch heute gibt es eine Geschichte in mehreren Teilen, die ich schon mal erzählt hatte. Beim nächsten mal kommt dann wieder mal etwas neues. 

Lena und Jesus


1. Teil
In den frühen Tagen unserer Operation in Dona Helene hörte ich den Namen Lena
zum ersten mal. Nicht lange danach fanden Raffi (meine rechte Hand) und ich heraus,
dass sie mit dem Manager von Horizon Trading herum voegelt um
bessere Grading Ergebnisse fuer ihr Erz zu bekommen. Aber als ich meine ersten
Begegnungen mit Lena hatte, wusste ich das natuerlich noch nicht.

Irgendwann waren wir im Chromerzgeschaeft die totalen Anfaenger
gewesen und dazu kam, dass ich damals eben auch ein Philippinenanfaenger
war. Das sollte sich in den naechsten Monaten auch in der Form von
Lehrgeld zeigen. Der Vorschlag im Chromgeschaeft Geld zu verdienen, kam
vom Onkel meiner Frau. Das war im Oktober 1987 gewesen, damals waren wir
ja noch in Cebu und hatten noch nicht entschieden, womit wir unsere
“Broetchen” verdienen wollten.

Dinagat war sehr reich an Chromerz in meist hoher Konzentration, aber 
natuerlich gab es auch minderwertigen Mist. Auf den erwaehnten Vorschlag
hin, bin ich dann auch nach Surigao geflogen (kostete damals von Cebu 
388 Pesos), und geflogen sind wir mit einem “Sunriser”. Da hatte man 
das Gefuehl, der rutscht mit dem Bauch auf der Startbahn herum, 
so niedrig war der gebaut.

Nachdem ich in San Jose angekommen war, fuhr ich dann auch mit Indays 
Onkel nach Dona Helene. Damals wurde nur dort nach Erz
gebuddelt, alle anderen Gebiete kamen nach und nach dazu und etliche 
davon wurden von uns entwickelt. Dort sah ich
dann auch zum ersten Mal die ganzen Chromhaufen auf der Plaza des
Dorfes. Und ich bekam einen ersten “Lehrgang” ueber Chromerz von Elvin.
Allerdings war mir damals nicht klar, dass Elvin selbst nicht viel wusste.
Chromerz kam in zwei verschiedenen Arten vor: Als gebrochene Steine mit
Erz drin und je schwaerzer das ganze war umso hoeher war der
Chromgehalt. Und man fand eben den schwarzen Chromsand, der aus der Erde
gewaschen wurde. Das der Eisengehalt auch eine Rolle spielte, wusste
Elvin nicht und ich lernte es erst spaeter.

Damals gab es nur drei Kaeufer fuer Chromerz: Elvin, neben Joel der
einzige der Ecleos, mit denen ich auf lange Sicht ein besseres
Verhaeltnis hatte; Lorenzo, der mit seinen Geschwistern spaeter bei uns
Partner werden sollte; und Erwin, ein Filipino ueber den es an anderer
Stelle einmal eine eigene Geschichte geben wird. Beliefert hatten die
drei eine Firma namens Philip Brothers, die aber schon im Dezember 1987
an Horizon Trading Inc. verkaufte.

Ich fragte um Erlaubnis, ob ich mir Proben nehmen durfte, und
sammelte einige “Samples” ein. Nur Erwin wollte mir nichts geben, aber
ich nahm mir trotzdem drei Erzbrocken. Nachdem ich mich laenger mit
Lorenzo und Elvin unterhalten hatte, traf ich auch noch den Barangay
Captain, der natuerlich hoffte, dass wir auch Kaeufer werden wuerden,
denn das Barangay und damit auch er kassierten ja mit. Denn fuer jede
“Can” (leere Oeldosen mit 17 Liter Inhalt) mussten wir dem Dorf 50
Centavos abtreten. Diese Cans waren die “Kaufeinheit” und eine Can
Erzgestein kostete 20 Pesos. Der Chromsand war billiger, da kostete eine
Can nur 14 Pesos.

Anschliessend fuhren wir zurueck nach San Jose und am naechsten Tag
machte ich mich auf den Weg nach Cagayan de Oro um mit Ferrochrome zu
sprechen, einer Firma in Tagoloan bei Cagayan. Nach meiner Ankunft rief
ich vom Hotel aus dort an und bekam einen Termin fuer dan naechsten Tag
um zwei Uhr. Puenktlich sprach ich dann auch bei Ferrochrome vor und
traf zum erstenmal den Herrn Weber, einen Oesterreicher, der die Firma
seit 1982 leitete. Ferrochrome war damals im Besitz der oestereichischen
VOEST Werke. (Herr Weber starb im Februar 1998, als ein Flugzeug der
Cebu Pacific in der Naehe von Gingoog/Claveria gegen einen Berg flog.)

Herr Weber war sehr interessiert Chromerz zu kaufen und erklaerte mir
auch die Bedingungen und Ansprueche der Firma. Danach machten wir eine
Firmenbesichtigung und bei dieser Gelegenheit lernte ich auch wie man
Proben richtig nimmt, da gerade ein Frachter entladen wurde.

Am naechsten Tag fuhr ich nach Dinagat zurueck.

Danach ging es wieder nach Dona Helene und dort verhandelten wir mit
einigen “Bergleuten”, die gerne fuer uns produzieren wollten. Man musste
diese Leute finanzieren, bis eben die Produktion angelaufen war, was im
allgemeinen 2-4 Wochen dauerte. Denn die brauchten ja auch was zu essen
in dieser Zeit des Vorlaufes. Es gab aber auch freie “Miner”, die
immer an den lieferten, der Bargeld hatte, und das wurde dann auch
unser Anfang. Wir finanzierten aber auch drei Gruppen, damit wir spaeter
auch eigene Produktion haben wuerden. Die Finanzierungkosten kamen auf
6-10 Tausend Pesos pro Gruppe, der Betrag wurde dann von der Produktion
einbehalten. Die Bergleute bekamen kein Gehalt, sondern wurden pro Can
bezahlt. Gute Produktion hiess auch gutes Einkommen fuer die Gruppe und
die fleissigen verdienten recht gut. Das Erz wurde vom Abbaugebiet in
Saecken von Traegern oder mit Carabao zur Plaza transportiert, dort
gemessen und gelistet und am Abend wurde bezahlt. Freie Bergleute
bekamen ihr Geld sofort nach der Lieferung.

Im Schnitt kamen vom ersten Tag an etwa 2-4 Tonnen des Erzes taeglich
bei uns auf der Plaza an. Das sollte natuerlich besser werden, wenn
dann die eigene Produktion lief. Nach etwa drei Wochen begann der erste
“Open Pit” zu produzieren. (Open Pit ist die englische Bezeichnung fuer
Tagebau) Innerhalb einer weiteren Woche folgten die beiden anderen
Gruppen und nun erreichten wir an manchen Tagen ueber 10 Tonnen. Aber
leider standen die Bergleute fast immer bei uns in der Kreide, denn sie
kamen nie auf den Punkt mal ohne Vorschuss zu leben und eben nur zu
verbrauchen, was sie wirklich verdient hatten. Da taeglich abgerechnet
wurde, waere das ja einfach gewesen. Aber das hatte sich in vielen
anderen Branchen in den Folgejahren auch bestaetigt. (Ich frage mich
wie die grossen Firmen das handhaben?)

Eines Morgens kam ich nach Dona Helene, um mir die Produktion der
letzten Tage anzusehen, und musste feststellen, dass die Lieferungen um
bis zu 70% zurueck gegangen waren und unser groesster Schuldner schon
seit Tagen nichts mehr geliefert hatte.

“Was ist denn da los?” fragte ich, “warum kommt da nichts mehr vom Pedio?”

“Das kauft alles die Lena,” erklaerte mein Schwager.

“Und wer ist Lena?” kam meine Gegenfrage……


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2. Tei

“Lena hat vor einigen Tagen auch begonnen Chromerz zu kaufen und sie
hat die Preise erhoeht und fast alle liefern an sie,” erklaerte mir mein
Schwager Alex, der die Produktionslisten fuehrte.

“Klar sie hat ja keine Ausgaben mit der Finanzierung, hat kein
angemeldetes Geschaeft, zahlt keine Steuern und laesst am Ende einen
Schuldenberg uebrig, da kann sie leicht hoehere Preise bezahlen,” meinte
ich veraergert. Hier wurde ich zum erstenmal mit der Philippinischen
“Sitte” des Nachahmens konfrontiert. Wenn man hier erfolgreich ein
Geschaeft betreibt, kann man Gift drauf nehmen, dass man imitiert wird
und die Konkurrenz, die von Tuten und Blasen meist keine Ahnung hat und fast
nie irgendwelche Steuern bezahlt, einem das Geschaeft zumindest
erschwert wenn nicht gar versaut. Dazu kommen Intrigen vom feinsten nur
um dem anderen “fertig” zu machen.

Neid ist leider ein fester Bestandteil des Geschaeftsleben auf den Philippinen
und daran musste ich mich gewoehnen. Allerdings war ich damals nicht
gewillt, das so einfach hinzunehmen und auf Anraten meines Schwagers
gingen wir dann zum Barangay Captain um uns zu beschweren. Der hoerte
sich alles in Ruhe an und meinte, dass er morgen ein Meeting einberufen
werde und Lena sowie unsere Schuldner “vorgeladen” werden wuerden. Ich
war erstaunt ueber die Geschwindigkeit mit der die “Dorfgerechtigkeit”
arbeitete.

Am naechsten Tag sollten wir um zwei Uhr nachmittags beim Captain
sein, denn da wuerde das “Meeting” stattfinden. Wir trudelten puenktlich
ein, aber weder Lena noch Pedio und einige andere Bergleute, die an
Lena verkauft hatten, kamen. Gegen vier Uhr war der Captain sauer und
schickte die Barangay Tanod los, um die Leute zu holen. Innerhalb von
dreissig Minuten waren alle da und der Captain erklaerte den nicht 
Gekommenen erstmal, dass es die Moeglichkeit einer Bestrafung gab, 
wenn man einen Barangay Summon ignoriert. Sollte das noch einmal 
vorkommen, werde er das mit Sicherheit tun.

Wir trugen dann unsere Beschwerde vor und innerhalb von 5 Minuten wurde es turbulent.

“Ich kann kaufen von wem ich will,” rief Lena, “denn deine
Finanzierung geht mich nichts an, das musst du mit den Minern
ausmachen.”

“Es ist schlichtweg charakterlich zweifelhaft, wenn man die Rechte
anderer einfach ignoriert, kam meine Antwort, “und wenn sie von den
Minern kaufen wolle, dann sollte sie uns erst die Finanzierung mit
Zinsen und entgangenem Gewinn erstatten. ”

Das wollte sie nicht und beharrte auf ihrem Standpunkt, dass sie das
nichts angehe. Der Captain intervenierte und machte Lena und ihrem Mann
Jesus, der verspaetet auch gekommen war, klar, dass er das nicht dulden
wuerde. Bergleute die Schulden bei Kaeufern hatten, muessten erst die
Schulden abtragen, bevor sie an andere Aufkaeufer liefern durften.

Nun meldete sich Pedio zu Wort, dass wir dann aber den gleichen Preis
wie Lena zahlen muessten. Das wollte ich zumindest fuer den
ausstehenden Schuldenbetrag nicht, sondern wuerde den Preis erst
anpassen fuer Neulieferungen entweder frei oder gegen Neuschulden
verrechnet. Es gab eine laengere Diskussion darueber, in der ich Pedio
klarmachte, dass ich ihn zu dem Preis nicht finanziert haette und er nun
auch kein Einkommen haette. Muerrisch stimmte er zu die Schulden zum
alten Preis abzutragen und verlangte gleich mal einen Vorschuss von 5000
Pesos, die dann bereits zum neuen Preis verrechnet wuerden. Nach einer
kurzen Beratung mit meinem Schwager stimmte ich dann zu.

Die anderen Bergleute akzeptierten die neuen Bedingungen auch und der
Capatain ermahnte Lena sich an die Abmachungen zu halten und nur von
Bergleuten zu kaufen, die niemandem gegenueber irgendwelche
Verpflichtungen haetten. Lena versprach sich daran zu halten. Jesus ihr
Mann – oder besser Maennlein, denn er wog hoechtens 45 Kilo, war 1.50
Meter “gross” und sehr duenn – hatte bei der ganzen Diskussion
ueberhaupt nichts gesagt.

Drei Tage waren vergangen, da hoerten wir, dass Lena und Jesus nun direkt
 an der Mine von unseren Bergleuten kaufen wuerde. Sibat Sibat
nennt man das, wenn man an andere liefert und seine Vorschuesse nicht
bezahlt. Dem sollte ich noch viel oefter begegnen, denn Loyalitaet im
Geschaeftsleben gibt es unter Filipinos kaum, und das Bezahlen von
Schulden ist nicht unbedingt die starke Seite der meisten Pinoys.

Wir gingen also wieder zum Barangay Captain und schilderten die Lage.
Dieses Mal lies der Captain Lena und Co direkt von der Tanod holen und
als sie ankamen, verhaengte er eine “Strafe” von 100 Pesos pro Kopf.
“Laecherlich” dachte ich, “damit wird er sie sicherlich nicht stoppen.”
Anschliessend verbat er generell das Kaufen an der Mine, da dann die
Abrechnung fuer dem Anteil des Dorfes nicht kontrolliert werden koenne.
Und er ordnete an, dass Lena alles was sie in den letzten drei Tagen
gekauft hatte an uns zu liefern, aber nur fuer den gleichen Preis, den
sie bezahlt hatte. Nun war Lena sauer und schrie, dass sie das nie und
nimmer machen werde, das sei ihr Chromerz und sie habe das schon
bezahlt. Nun wurde der Capatain sauer und ordnete der Tanod an, dass
alles Chromerz von Lenas Haufen zu uns transferiert wird, gemessen und
dann von uns an Lena bezahlt wird, abzueglich der Transportkosten, die
wir direkt an die Arbeiter zahlen sollten. Lena ging, aber nicht ohne
den Captain noch anzuschreien, dass das letzte Wort in dieser Sache noch
nicht gesprochen sei.

Am naechsten Tag waren wir den ganzen Tag sehr beschaeftigt um all
das Erz zu vermessen und zu bezahlen, aber das naechste Wort von Lena
sollte noch kommen.

Fortsetzung folgt
[Bild: https://www.philippinenforum.net/forum/i...pwZw%3D%3D]
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